Ein hübscher Knollenblätterpilz
stand mal in uns´rem Wald.
Weißer Hut und weißer Hals,
er war noch gar nicht alt.
Da kam an einem schönen Tag
ein Fräulein angegangen.
Denn weil sie gerne Pilze mag,
wollt sie welche fangen.
Von weitem schon, da sah sie ihn
und wollte ihn betrachten;
wollt ihn von vorn und hinten seh´n
und alles gut beachten.
Und als sie ihn ansah mit Augen so lieblich,
die Vögel sie sangen, es war schönes Wetter,
die ganze Welt drumherum war so friedlich:
Da röteten sich seine Blätter.
Das Fräulein, sie war natürlich erfahren
und wußte mit großer Sicherheit,
daß Knollis nie rote Blätterchen haben.
Jaja, sie wußte Bescheid.
Ein Champignon sei es, der ihr da begegnet,
so pflückte sie schnell ihre Beute ab....
..und heute im Winter, ach weh, da regnet
leise der Regen aufs Grab.
Und die Moral von der Geschicht:
Trau nie einem Verliebten nicht!
Im nächsten Herbst in unser´m Wald:
Was sah man da im Laube?
Es war schon feucht, doch gar nicht kalt;
Da sah man eine Haube.
Doch nee, oh weh! Das kann nicht sein!
Dort steht der hübsche Mörder.
Den führte doch das Fräulein heim
Und kam seither nicht wieder.
Ich sprach ihn an: "Du Mörder, du!
Du kannst nicht zweimal leben!"
Der Hübsche hörte mir kaum zu;
das sei nicht sein Bestreben.
Dann grinste er frech und sagte nur:
"Sie hat nicht MICH gegessen.
Ich blieb doch hier in Wald und Flur;
man hat mich bloß vergessen.
Was sie nahm war Hut und Stiel;
Ich selbst blieb unversehrt.
Denn ICH bin nämlich das Mycel,
das sich im Boden mehrt.
Drum wachse ich in jedem Jahr
heraus aus diesem Boden
und bin als Pilz nun wieder da,
erneut emporgehoben."
"Warum," so sprach ich "hast du sie,
die du so innig liebtest,
ermordet ohne Poesie?
Ich denk´, daß das ganz fies ist.
Kennst du denn nicht die Geschichte
Vom Pilzefräulein und dem Bär?
Weiter oben gibt´s davon Berichte.
Es ist nicht lange her.
Es ist die Symbiose, die Liebe sein läßt,
sonst wär sie nur trocken und kalt.
Die Symbiose selbst ist ein Freudensfest.
Ich wünscht sie mir auch hier im Wald!"
Der Knolli scholt mich und lachte mich aus:
"Du Mensch, du erbärmlicher traust dich!
Du glaubst wohl, du kennst dich da besser aus?
Der Symbiosenfachmann bin ICH!
Ich lebe verbunden in inniger Liebe
Mit dieser alten Eiche dort.
Ich ihr Wasser und Nährstoffe gebe,
sie gibt mir Zucker immerfort.
Und lieber Mensch, du mußt mir schon
Nach deiner Art und Weise
Die eine kleine Verliebtheit nachseh´n,
denn die Liebe zur Eiche ist wunderschön,
doch fehlt mir die "Götterspeise".
Die Eiche ist alt, sie reizt nicht so sehr
Meine jugendlichen Sinne.
Da kam dieses feine Fräulein daher
Da war ich schnell dahinne.
Drum rat ich euch Menschen nun wirklich sehr
Die Sporen zu messen vor jedem Verzehr.
Und find´t man ´nen Pilz den es gar nicht gibt,
so ist dieser wohl nur verliebt."
Und die Moral von der Geschicht:
Eßt lieber keine Pilze nicht
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