Inhalt
* Einleitung
* Geschichte
* Struktur, Stabilität, Vorkommen und Nachweis von Psilocybin
* Wirkung und Gebrauch der Pilzhalluzinogene
* Zum Umgang mit halluzinogenen Pilzen
* Die rechtliche Situation
* Drogenpolitische Forderungen
* Safer Use Regeln
* Literatur
* Adressen
Einleitung
Seit etwa fünf bis zehn Jahren läßt sich hierzulande ein neuer
Typ von Pilzsammlern immer mehr beobachten: Pilze werden von
diesen "Freizeitmykologen" nicht mehr wegen ihres beeindruckenden
Geschmackes, sondern wegen ihrer angeblich beeindruckenden
Wirkung auf Wahrnehmung und Bewußtsein gesammelt. Dabei werden zu
bekannt gewordenen Fundstellen teilweise Anreisen von hundert
Kilometern und mehr in Kauf genommen.
Die in diesen "Zauberpilzen" (magic mushrooms, Psilos)
enthaltenen psychotropen Inhaltsstoffe Psilocin und Psilocybin
wirken ebenso wie das LSD als Halluzinogene, d.h. optische und
akustische Wahrnehmungen werden stark intensiviert, zum Teil auch
völlig verfremdet. Außerdem besitzen sie psychedelische (= die
Psyche offenbarende) Eigenschaften. Wiederentdeckt wurde die
psychoaktive Potenz bestimmter heimischer Pilze zum einen durch
erste Erfahrungen mit psychedelischen Pilzen in Mittelamerika
oder Südostasien; bekannt wurden die hiesigen Zauberpilze aber
auch durch teilweise recht ausführliche Berichte in
deutschsprachigen Fachbüchern und in den Medien. Bis vor wenigen
Jahren wurden psychoaktive Pilze dennoch nur von einem relativ
kleinen Kreis von "Insidern" konsumiert, mittlerweile erlangen
jedoch die Psilos neben LSD durch das vermehrte Aufleben von
spirituell/mystischen Ritualen und durch den Halluzinogen-Boom in
der Technoszene eine schon fast massenhafte Anwendung; so gaben
beispielsweise 30% der Discogänger in Holland an, in den letzten
Monaten ein- oder mehrmals halluzinogene Pilze konsumiert zu
haben (Die Woche, 24.5.96); unter den 20-24 jährigen Briten haben
immerhin schon 15% einschlägige Erfahrungen mit den "Magic
mushrooms" gesammelt (Focus 25/1996).
Im krassen Gegensatz zum breiten Konsum dieser "Zauberpilze"
fehlt bisher jedoch allgemein zugängliches sachliches
Informationsmaterial über die Dosis/Wirkungsabhängigkeit,
mögliche Risiken und zur juristischen Seite des Konsums
halluzinogener Pilze. Der vorliegende Artikel soll diesem Mangel
abhelfen; wer darüber hinaus noch genaueres wissen will, dem sei
die weiterführende Literatur zu diesem Thema (siehe Verzeichnis
im Anhang) empfohlen.
Geschichte
Halluzinogene Pilze, von den Urvölkern zumeist bei spirituellen
Zeremonien verwendet, zählen wohl zu den ältesten Drogen der
Menschheit, weit vor der Entdeckung des Alkoholes, schlechthin.
Das altgermanische Bier zum Beispiel enthielt abweichend vom
späteren bayrischen Reinheitsgebot neben etwa 2% Alkohol zudem
als psychoaktive Substanzen Bilsenkraut, Taumellolch und
Zauberpilze. Noch im Mittelalter wurden Pilzen bei uns mystische
und dämonische Kräfte zugewiesen (s. Ausdruck Hexenringe), an
denen in anderen Kulturkreisen, wie bei verschiedenen Stämme in
Sibirien und Südostasien und Indianern Zentral-Mexikos bis in
dieses Jahrhundert hinein festgehalten wurde. Letztere benutzten
die heiligen Pilze (teonanacatl = Fleisch der Götter) nur zu
besonderen Anlässen (stets nach Sonnenuntergang); dies konnten
spirituellen Sitzungen sein, aber auch eine Befragung über das
Schicksal (Orakel) eines Kranken oder über den Verleib eines
gestohlenen Esels, welche stattfand, nachdem ein Schamane die
entsprechenden hellseherischen Kräfte nach Pilzverzehr erworben
hatte.1955 entdeckte R.G. Wasson (USA) die Zauberkraft der Pilze
bei einem Pilzritual in Mittelmexiko für die "zivilisierte" Welt
neu; die Gattungs- und Artbestimmung erfolgte 1956/57 durch die
Mykologen R. Heim und R. Singer. Die Isolierung und
Identifizierung der psychoaktiven Substanzen gelang schließlich
1958 Albert Hofmann, dem Entdecker des LSD, bei der Sandoz AG in
Basel: er nannte sie Psilocybin und Psilocin (nach der
Pilzgattung Psilocybe). In den frühen 60er Jahren wurde dann
Psilocybin in den USA und später weltweit als Medikament in der
Psychoanalyse und Pyschotherapie eingesetzt. Umfangreiche Studien
(u.a. mit Strafgefangenen und Theologiestudenten) hatten zuvor
gezeigt, daß regelmäßiger Konsum von Psilocybin Depressionen und
Agressionen abbaut sowie soziale Verantwortung fördert.
Ab 1965 begann sich die aufkommende Hippie- und Protestbewegung
in den USA außer für LSD auch für Psilocybin bzw. Pilze zu
interessieren. Der daraufhin einsetzende Druck einer hysterischen
Presse auf den wahlentscheidenden puritanischen Mittelstand,
einer Presse, die wahre Horrorszenarien über die angebliche
Gefahr der Halluzinogene beschwor (auch das bekannte Magazin
"Time"), und der Einfluß reaktionärer und Angst-schürender
Politiker führte schließlich im Jahre 1966/67 zum Verbot der
Halluzinogene (LSD, Meskalin, Psilocybin) in den USA. Um den
"gefährlichen Rauschgiftpilzen" beizukommen, wurde in einzelnen
Fällen sogar vor dem Einsatz von Fungiziden nicht
zurückgeschreckt. Unter maßgeblichem Einfluß der USA wurden diese
Substanzen dann in die Liste der besonderes gefährlichen Stoffe
des internationalen Abkommens über psychotrope Substanzen (UNO
Single Convention on Narcotic Drugs) gesetzt; damit war auch der
Umgang mit der vermutlich ältesten Kulturdroge der Menschheit -
den Zauberpilzen - in den meisten Staaten kriminalisiert. Mit dem
Ersatz des alten Opiumgesetzes durch das neue
Betäubungsmittelgesetz (verfasst von einer sozial-liberalen
Bundesregierung) wurden diese Halluzinogene 1971 schließlich auch
in der BRD in die Illegalität abgedrängt, wenn auch
psilocybinhaltige Zauberpilze und meskalinhaltige Kakteen in
Deutschland noch "legal" sind, was sich aber nach Plänen der
Bundesregierung demnächst grundlegend ändern soll.
Seit den 70er Jahren lernten immer mehr Europäer Zauberpilze bei
Reisen in die Tropen kennen. Als bekannteste Ziele für
Pilzreisende gelten hierbei Südostmexiko, Koidakanal in
Südindien, Pokhara in Nepal, die Inseln Ko Samui und Ko Phangan
in Thailand, Sumatra mit dem Toba See, Bali und Lombok in
Indonesien und die Insel Boracay in den Phillipinen. Im "Midnight
Oil" (Kuta, Bali) konnte man/frau z.B. für umgerechnet 10 Mark
ein Special Mushroom Omelett oder andere Pilzgerichte von der
Speisekarte bestellen. Da frei-wachsende Pilze bei uns nicht
immer verfügbar sind, werden seit etwa zehn Jahren psychoaktive
Pilze auch im eigenen Keller oder Garten kultiviert. Insbesonders
in den USA und in Holland sind teilweise schon regelrechte
Pilzfarmen entstanden, die auch Brutmaterialien für die
Pilzheimkultur der "Hobbymykologen" liefern.
Struktur, Stabilität, Vorkommen und Nachweis von Psilocybin
Psilocin (4-Hydroxy-N,N-dimethyltryptamin) und dessen
Phosphorsäureester, das Psilocybin, enthalten als Grundkörper das
Tryptamin (eine Indolverbindung), welches sich z.B. auch im LSD,
sowie im Neurotransmitter Serotonin wiederfindet. (Serotonin wird
zum Beispiel unter Ecstasy-Einfluß vermehrt von bestimmten
Hirnzellen ausgeschüttet und löst dann die von den Ecstasy-Usern
beschriebenen Glücksgefühle aus.)
Psilocybin, vor allem aber das instabilere Psilocin, werden bei
Anwesenheit von Luftsauerstoff und mit zunehmender Temperatur
(besonders oberhalb von 50-100· C) leicht abgebaut; in
getrockneten Pilzen sind diese Substanzen bei kühler Lagerung und
Luftabschluß jedoch über Jahre hinweg haltbar.
Der durchschnittliche Gehalt beträgt abhängig von der Pilzart 0,1
- 1 % (max. 2 % z.B. bei Psilocybe cyanescens) des
Trockengewichtes, das entspricht ca. 0,01- 0,1 % des
Pilzfrischgewichtes. Der bekannteste europäische
psilocybinhaltige Pilz ist Psilocybe semilanceata (Spitzkegeliger
Kahlkopf), der bei uns - häufiger noch in Wales, Schottland und
Norwegen - von September bis November vorwiegend auf älteren Viehweiden,
vor allem feuchtere Wiesen, zu finden ist. Er enthält ca. 1 %
halluzinogene Stoffe. Psilocybin, Psilocin und das vergleichbar psychoaktive
Baeocystin finden sich neben in der Pilzgattung Psilocybe
(Kahlköpfe) unter anderem noch in den Gattungen: Stropharia
(Träuschlinge), Panaeolus (Düngerlinge), Pluteus (Dachpilze),
Conocybe (Samthäubchen), Gymnopilus (Flämmlinge), Galerina (Häublinge)
und Inocybe (Rißpilze). Für Inocybe aeruginascens
(s. Erlebnisbericht) wurden mehrere Fundstellen auch im
Berliner/Brandenburger Raum angegeben. Der in Züchterkreisen
verwendete Pilz Psilocybe cubensis (Erstfundort Kuba)
(mit ca. 0,5 % halluzinogenen Substanzen) ist hingegen
wildwachsend auf die Tropen und Subtropen beschränkt.
Psilocybin - Molekülmodell
Psilocybin ergibt als Indolderivat unter Luft-Oxidation einen
blauen Farbstoff. Eine Blauverfärbung an einer Bruchstelle bei
frisch gesammelten Pilzen deutet allerdings nicht immer auf
Psilocybin hin, denn auch bei vielen Röhrenpilzen und einigen
Lamellenpilzen tritt eine entsprechende
Verfärbung ein, die aber auf andere Indolderivate zurückzuführen
ist. Andererseits verfärben aber auch einige stark psilocybinhaltige Pilze
(z.B. Psilocybe semilanceata) nicht oder nur schwach blau.
Wirkung und Gebrauch der Pilzhalluzinogene
Allgemeine Wirkungsbeschreibungen
In der üblichen Literatur für Pilzsammler werden
psilocybinhaltige Pilze nicht den verzehrbaren Pilzen zugeordnet,
sondern es wird vor ihnen als Giftpilzen gewarnt. Beispielhaft
sei hier ein Auszug aus dem Werk "Giftpilze und Pilzgifte"
(Kosmos Verlag) wiedergegeben:
"Die psychischen Symptome der Psilocybinvergiftung sind sehr
verschieden.... Neben physischen Reaktionen (Kopfweh,
Ameisenkribbeln, Kältegefühl, Gleichgewichtsstörungen,
Blutdruckabfall mit Schwindel) treten eine Reihe von psychischen
Symptomen auf. Bei ahnungsloser Vergiftung überwiegen Angst,
Unruhe und Depressionen. Wenn sich ein Süchtiger jedoch eine
Bewußtseinsänderung erhofft, können sich Glücksgefühl,
Halluzinationen und Befreiung von Angst und Hemmungen einstellen.
... Besonders häufig sind Halluzinationen von kaleidoskopartigen
Bildern. Die Bewußtseinstrübung kann in ein Delirium oder in
völlige Bewußtlosigkeit übergehen. Der Trip dauert einige Stunden
und wird zum Glück von vielen als unangenehm und beängstigend
empfunden."
Abgesehen davon, daß mehrere dieser Aussagen als übertrieben und
unrichtig einzustufen sind, zeigt diese Schilderung am Beispiel
des Psilocybins doch wiederum sehr deutlich den Einfluß von Set
und Setting* für den Ablauf des nach dem Drogenkonsum Erlebten:
Werden halluzinogene Pilze nicht vorsätzlich, sondern
unbeabsichtigt wegen einer Verwechslung mit anderen Pilzen
gegessen, so sind anstelle freudiger Erlebnisse anschließende
Horrorvorstellungen, bedingt durch die Angst, sich ernstlich
vergiftet zu haben, eher die Regel. Nur wenn diese Angst
verdrängt werden konnte, waren auch positive Erlebnisse bei
unfreiwilligem Konsum dieser Pilze möglich. Zitat: ,...und ein
eher fröhlicher, ausgeprägter Rauschzustand stellte sich ein."
Ein Mykologe beschrieb seine Erlebnisse nach vorsätzlichem
Verzehr von ca. 2 g getrockneten Inocybe aeruginascens (Fundort
bei Potsdam) folgendermaßen:
"Die Pilze schmeckten wie gewöhnliche Speisepilze. Nach etwa 30
Minuten stellte sich bei entspanntem Liegen allmählich eine
angenehme Aufhebung des Schweregefühls ein. Langsam entwickelten
sich auch abstrakte Halluzinationen in Form von sprühenden Farben
und Lichtern. Mit der völligen Aufhebung des Schweregefühls
entstand die sehr lebhafte Vorstellung eines Fluges der Seele mit
entsprechend euphorischen Gefühlen. Beim Schauen aus dem Fenster
in die dunkle Nacht in eine Waldlandschaft traten Illusionen in
Form seltsamer Raster und Muster auf, die besonders eindringlich
wirkten und einen Hauch von Ewigkeit verbreiteten. Nach vier
Stunden war schließlich die Wirkung ohne jegliches körperliches
Mißempfinden abgeklungen."
* Set: Erwartungshaltung des (Pilz)konsumenten, Setting:
psychischer Zustand des Kosumenten und einwirkende Umgebung
Dosis und Wirkung des Psilocybins/Psilocins
Da der Psiloc(yb)ingehalt abhängig von der Pilzart, aber auch
innerhalb der gleichen Art stark variieren kann, ist ein
Rückschluß von der konsumierten Pilzmenge in aufgenommenes
Psiloc(yb)in nicht ohne weiters möglich. Als Groborientierung
kann gelten, daß 10 mg halluzinogene Stoffe (zumeist vorwiegend
Psilocybin, weniger Psilocin, noch seltener Baeocsytin) in etwa 2
g getrockneten Psilocybe cubensis, 1 g getrockneten/10 g
frischen Psilocybe semilanceata oder 0,5 g getrockneten/5 g
frischen Psilocybe cyanescens oder P. azurescens enthalten sind.
Ca. 3 mg Psilocybin: erste schwache körperliche und geistige
Wirkungen werden wahrgenommen.
5-10 mg: Halluzinationen werden in Form schnellfließender überaus
farbenvoller Bilder bei geschlossenen Augen wie in einem "Film"
(im Zustand eines Wachtraumes) erlebt. Bis zu dieser Menge wirkt
Psilocybin/Psilocin noch stark antriebssteigernd, und damit auch
auf Parties tanzfördernd.
Ab ca. 10 mg: auch die von den Augen wahrgenomme Umwelt wird in
andere Formen und in andere Farben uminterpretiert.
Ab ca. 20 mg: zusätzliche Bewußtseinsveränderungen treten auf
(man glaubt sich z.B. an einem ganz anderen Ort oder in einer
anderen Zeit (s.u.) zu befinden). Gleichzeitig sind aber
erhebliche Gleichgewichts- und Orientierungsstörungen nicht
selten (Tanzen ist dann kaum noch drin)
Ca. 60-100 mg Psilocybin: höchste, bei speziellen
psychotherapeuthischen Sitzungen angewandte Dosis.
Ca. 20.000 mg (20 g) Psilocybin: vermutete letale Dosis beim
Menschen (die LD50 bei Mäusen liegt bei 280 mg/kg).
Typischer Verlauf einer halluzinogenen Reise
Etwa 20-30 Minuten nach der Pilzmahlzeit (mit ca. 10-20 mg
Psilocybin) kann das vorübergehende Gefühl ähnlich einem leichten
Alkoholrausch eintreten. Ein inneres Wärmegefühl kann sich
einstellen und die Lust auf Sex ist nicht selten erhöht
(Aphrodisiakum), Liebesspiel und Orgasmus werden dann oft in
einer neuen Dimension erlebt. (Zauberpilze wurden auch im alten
Mexiko bei besonderen Liebesritualen eingesetzt.). Die
eigentlichen (optischen) Halluzinationen stellen sich zumeist
erst ca 1 Stunde nach dem Pilzkonsum ein, erreichen nach etwa 2
Stunden ihren Höhepunkt und dauern bis zu 5 Stunden an. Das
Gehirn erreicht dabei einen unglaublichen Wachzustand, so daß ein
Einschlafen während der "halluzinognen Reise" fast nicht möglich
ist - anders als nach Cannabis-Konsum; der "Psilo-Film" klingt
schnell und weich aus, zum Drogenkater kommt es nur selten.
Psilocybin führt allerdings schnell zur Toleranz, d.h. nach ein-
bis zweimaligen Konsum innerhalb von 1-2 Tagen muß die
(Pilz)Dosis immens erhöht werden, soll die gleiche Wirkung
erreicht werden. Eine Kreuztoleranz besteht auch zu anderen
Tryptaminderivaten (LSD etc.), nicht aber gegenüber anders
aufgebauten Drogen (z.B. THC). Die Toleranz ist nach ca. einer
Woche Abstinenz jedoch wieder aufgehoben.
Unterschiede zum LSD-Trip
Die Halluzinationen und psychedelischen Erlebnisse unter
Psilocybineinfluß sind ähnlich denen nach LSD-Konsum, markante
Unterschiede sind aber: Die Wirkungszeit ist bei den Pilzen mit
maximal 5 Stunden deutlich kürzer (LSD-Trips dauern bis zu 10
Stunden und länger an) und die "Psychedelische Reise" ist dadurch
leichter steuerbar. Die Gefahr, "schlecht drauf zu kommen"
(Panikzustände/Horrortrip) ist bei Pilzen im Vergleich zu LSD
deutlich geringer:
[ Das Netzwerk zur Warnung vor Drogenmißbrauch (DAWN) in den USA
registrierte z.B. 1982 31 Fälle einer Klinikeinlieferung aufgrund
panischer Zustände nach Psilocybingebrauch, aber 1498 Fälle nach
LSD-Gebrauch bei vergleichbarer Konsumentenzahl in der Bevölkerung.]
Psilocybin bewirkt außerdem meist eine
stabile positive Gefühlsfärbung, d.h. abrupte Stimmungsumschwünge
sind vergeichsweise seltener, und es führt zu einer geringeren
Bedrängnis beim Wiedererleben von verdrängten Konflikten und
traumatischem Erlebnismaterial. Außerdem besitzt Psilocybin
weniger neurovegetative Nebenwirkungen und es zeigt eine
geringere Neigung zu Identifikationsverlusten. Aus den genannten
Gründen wird Psilocybin deshalb beim Einsatz in der
Psychoanalyse/Psychotherapie (s.u.) aber auch von vielen Usern
dem "mächtiger" wirkenden LSD vorgezogen.
Stoffwechsel des Psilocybins
Das aufgenommene Psilocybin wird im Körper unter
Phosphorsäureabspaltung zu Psilocin umgewandelt und gleichmäßig
über alle Körperorgane verteilt. 25% dieser Menge werden
unverändert über die Nieren ausgeschieden, 65 % werden innerhalb
von einigen Stunden weiter metabolisiert (verstoffwechselt) und
etwa 10% bleiben im Fettgewebe einige Tage gespeichert.
Psychedelische Bewußtseinszustände
Damit ein Individuum in seiner Umwelt selbstständig existieren
und mit anderen Individuen in Beziehung treten kann, muß es sein
eigenes Ich von seiner Umwelt und von den anderen Menschen klar
abgrenzen können. Ferner muß die nahezu unendlich große Flut von
optischen, akustischen und sonstigen Sinneseindrücken durch
Vergleich mit umittelbar zuvor aufgenommenen Reizen sowie mit den
im Gedächnis oder Unterbewußtsein abgelegten Informationen
bewertet, interpretiert und auf ein "vernünftiges Maß" gefiltert
werden, bevor diese bewußt wahrgenommen werden können.
Dabei scheint dem im Zwischenhirn lokalisierten Thalamus, der
Eingangspforte zur Großhirnrinde und damit zum Bewußtsein, die
entscheidende Rolle zuzukommen: Die von den Augen, von den Ohren,
der Nase oder der Haut über den Thalamus eingehenden sensorischen
Informationen werden in der Großhirnrinde decodiert und über eine
Rüchkopplungsschleife zum Thalamus zurückprojiziert um erneut in
diese Schleife eingespeist zu werden
(cortico-striato-thalamo-cortikale (CSTC) Schleifen-Modell).
Dieser Mechanismus schützt das Großhirn vor externer
Reizüberflutung, indem die zum Thalamus zurückprojizierte
Information einen hemmenden Einfluß auf die neu eingehenden
äußeren Sinnesreize ausübt (negativer Rückkopplungsmechanismus
auf den thalamischen Filter).
Das CSTC-Schleifen-Modell geht davon aus, daß psychedelische
Bewußtseinszustände auf einer veränderten bzw. fehlerhaften
Interpretation von inneren und äußeren Reizmustern beruhen.
Es wird zunächst angenommen, daß die Halluzinogene Psylocybin und
LSD den körpereigenen Botenstoff Serotonin aufgrund ihrer
strukturellen Ähnlichkeit imitieren. Diese Halluzinogene führen
dadurch zu einer Aktivierung bestimmter Serotoninrezeptoren auf
Nervenzellen des Thalamus, des Stirnhirns und des Striatums.
Hierdurch wird dieser CSTC-Schleifenmechanismus vorübergehend
entkoppelt und damit der thalamische Filter geöffnet. Die Öffnung
führt zu einer Reizüberflutung: Sinnesinformationen werden nicht
mehr fortlaufend mit Gedächnisspuren verglichen und damit
sinnvoll interpretiert, was zu einer fundamental veränderten Ich
und Umwelterfahrung führt. Im Extremfall (bei sehr hoher
Dosierung der Halluzinogene) erlebt das Gehirn dann die Welt nur
noch in einzelnen Bildern ohne Zusammenhang beziehungsweise mit
verändeter Bedeutung - oder als ein "unermeßlich fließendes
Ganzes, als einen Strom innerer Visionen".
Einsatz von Psilocybin in der Psychoanalyse und Psychotherapie
Psychedelische Substanzen wie LSD und Psylocybin erzeugen einen
traumartigen Erlebnisfluß bei klarem Bewußtsein und gutem
Erinnerungsvermögen: Erlebnisse, die in den Tiefen des
Unterbewußtseins schlummerten, werden nach oben transpotiert und
so wieder bewußt. Die aktivierten unbewußten Konflikte und
Erinnerungen können so einer psychotherapeutischen Durcharbeitung
zugänglich gemacht werden. Eine lösende Wirkung auf
innerpsychische Abwehrstrukturen, eine erleichterte
Zugänglichkeit tief verschütteter Erinnerungen sowie deren
lebhaftes Wiedererleben sind beschrieben. So wurde (bis zu seinem
weltweitem Verbot) Psilocybin als Hilfsmittel bei
tiefenpsychologischen Behandlungen eingesetzt (Psycholyse);
vordem als therapieresistent erachtete Patientengruppen konnten
auf diese Weise erfolgreich psychotherapeutisch behandelt werden.
Dabei wurde aber schnell deutlich, daß es sich bei den
beobachteten Besserungen der Patienten keineswegs um eine
einfache ausschließlich pharmakologische Psilocybinwirkung
handelte, da die psychedelischen Erlebnisse ohne Einbindung in
eine längerfristige psychotherapeutische Behandlung wenig
ergiebig waren und sich zudem schnell verflüchtigten.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Psychoanalyse oder
Psychotherapie sind jedoch optimales Set und Setting und ein
vertrauensvolles Verhältnis zwischen Therapeut und Patient.
Typische Indikationen sind/waren alle Formen von (auch
schwersten) Neurosen und erlebnisbedingten depressiven Zuständen
(Erfolgsrate z.T. über 75%). Teilweise wurde Psilocybin auch bei
Drogenabhängigen mit Erfolg eingesetzt. Als nicht angezeigt gilt
der Einsatz von diesen Psychedelika allerdings bei Psychosen und
Ich-schwachen Personen (s. auch Risiken).
Nebenwirkungen, Risiken und Entwicklung von Abhängigkeiten
Reines Psilocybin bewirkt auch bei langjährigem Gebrauch in
üblicher Dosierung keine ernsthaften Organschäden, wie
entsprechende Untersuchungen zeigten. Psilocybin, aber auch
andere in den Pilzen eventuell enthaltene Wirkstoffe (Baeocystin,
Bufotenin usw.) können aber neurovegetative Nebenwirkungen wie
Atembeschwerden, Herzrasen und Veränderungen im Blutdruck oder
Puls anfänglich verursachen. Auch die Körpertemperatur wird
eventuell hochreguliert, was bei hoher Umgebungstemperatur
(Tropen/Discothek) zu intensiven Schweißausbrüchen führen kann.
Von einem Mischkonsum dieser Pilze mit Ecstasy und Speed ist
deshalb dringendst abzuraten, da sich die Gefahr eines
Ecstasy/Speed-induzierten Hitzschlages verstärken könnte.
Die User von psilocybinhaltigen Pilzen sollten zudem stets
bedenken, daß sie sich neben schönen optischen Halluzinationen
und einem interessantem Körpergefühl auch immer einer starken
psychotropen Wirkung aussetzen (inbesonders bei hoher Dosierung,
bzw. unerwünschter Überdosierung): Verdrängte traumatische
Erlebnisse können aus dem Unterbewußtsein wieder an die
Oberfläche gelangen, wo sie ohne (!) fremde Hilfe unter Umständen
nicht mehr verarbeitet werden können. Diese Erfahrungen, aber
auch die neurovegetativen Nebenwirkungen, können bei psychisch
labilen Personen, vor allem aber auch bei Jugendlichen im
Extremfall zu starken Angst- bis Wahnvorstellungen bzw. zu
allgemein panischen Reaktionen führen; akute Panikzustände
während der Wirkungszeit des Psilocybins stellen im übrigen des
statistische Hauptrisiko dieser Pilze dar.
Regelmäßiger Konsum von Psilocybin führt zu keiner physischen
(körperlichen) Abhängigkeit; das (geringe) Risiko der Entwicklung
einer psychischen Abhängigkeit ist aber prinzipiell nicht
auszuschließen.
Zum Umgang mit halluzinogenen Pilzen
Warum Zauberpilze in unserer Zeit?
Immer mehr drogenexperimentierende Menschen entdecken auf der
Suche nach fundamentalen Erkenntnissen ihre verborgenen Wünsche
nach spirituellem Erleben und dem "Einssein mit der kosmischen
Ewigkeit" in einer "entzauberten", immer kälter werdenden,
rationalen und materiellen Welt. Psychedelisch/halluzinogen
wirkende Drogen befriedigen diese Wünsche, worin letztenendes ein
wesentlicher Grund für den zu verzeichnenden Boom dieser Drogen
(LSD und Zauberpilze) liegen könnte. So manchen überzeugten,
eingefleischten Atheisten soll auf einer Reise mit den
Zauberpilzen schon der "Liebe Gott" begegnet sein.
Halluzinogene Pilze auf Technopartys
Der in letzter Zeit in der Technoszene, hier vor allem bei
Anhängern der Goa-, Acidhouse- und Acidtrance-Musik zu
verzeichnende Trend hin zu halluzinogenen Drogen (vor allem zu
LSD) erweckte auch die psychedelischen Pilze endgültig aus ihrem
Dornröschenschlaf. Klangbilder dieser Musikrichtungen erscheinen
nach Halluzinogenkonsum höher aufgelöst und bei entsprechender
Dekoration und Lichteffekten wird eine "Optik" erzeugt, welche
zusammen mit dem als "schwebend" beschriebenen Körpergefühl die
User nach deren Aussagen völlig "abspacen" läßt.
Der Gebrauch von psilocybinhaltigen Pilzen bei Pilzritualen
Aus den spirituellen Sitzungen der Ureinwohner Amerikas und
Asiens leiten sich die seit einigen Jahren in Europa
stattfindenden Pilzrituale ab, welche 1 bis 2 Tage dauern, und an
denen ungefähr 10 Personen teilnehmen: Als wichtig vor dem
Pilzverzehr gilt eine Aktivierung des Stoffwechsels in einer
speziellen Schwitzhütte (zur Not auch in einer Sauna), mindestens
12 stündiges Fasten, auch sexuelle Abstinenz einige Tage vorher
wird empfohlen. Das eigentliche Pilzritual findet bevorzugt zu
Vollmondnächten statt, wobei Räucherstoffe (zumeist Sage oder
Salbei) und spezielle Musik das Ritual begleiten. Etwa 1 Stunde
nach dem gemeinsamen Pilzverzehr wird ein sogenannter Sprechender
Stab im Kreise der Anwesenden herumgereicht; jeder, der den Stab
in der Hand hält, ist aufgefordert, über seine momentanen
Erlebnisse zu berichten; der Rest schweigt und hört zu. Die
Nachbereitung findet am nächsten Tag statt, wo über die
Pilzerfahrung dann gemeinsam diskutiert wird.
Pilze selbst sammeln?
Wer Pilze, sei es zur Aufmunterung des Gaumens (z.B. Champignons,
Pfifferlinge, Steinpilze) oder des Gehirns ("Psilos") sammelt,
sollte natürlich auch ihr Aussehen kennen. Hier hilft
entsprechende Fachliteratur, besser jedoch man/frau schließt sich
erfahrenen Pilzsammlern bei der Suche an.
Verwechslungsmöglichkeiten mit (tödlich) giftigen Pilzen sind
zumindest beim spitzkegeligen Kahlkopf (Psilocybe semilanceata)
kaum möglich. Verschiedene psilocybinhaltige Inocybearten (I.
aeruginascens (s.o.), I. corydalina u.a.) können aber von
unerfahrenen Sammlern sehr leicht mit hochgiftigen Arten der
gleichen Pilzgattung (Rißpilze, Pilzgift Muscarin) verwechselt
werden. Bei auf Holzresten wachsenden Psilocybearten (z.B. P.
stuntzii) besteht zudem Verwechslungsgefahr mit Galerinaarten
(z.B. G. marginata, Nadelholzhäubling), die evtl. tödliche Mengen
Amanitin (Knollenblätterpilzgift) enthalten.
Gesammelte Pilze sollten prinzipiell schnellstens verzehrt
werden, da sich Pilzeiweiße recht bald zu gefährlichen Toxinen
zersetzen, und alte Pilze auch ein bevorzugtes Substrat für
Schimmelpilze darstellen, die wiederum krebserzeugende Aflatoxine
bilden. Ist ein Verzehr nach maximal 2-3 Tagen (Lagerung im
Kühlschrank) nicht möglich, empfiehlt sich eine Trocknung nach
bewährter Küchenmykologenart für ca 6-12 Stunden bei 50·C im
Backofen (die Pilze dürfen sich anschließend nicht mehr elastisch
anfühlen und müssen spröde sein). Die Pilze können dann an einem
trockenen Ort, möglichst unter Sauerstoffabschluß und kühl ein
bis fünf Jahre aufbewahrt werden.
Pilze selbst züchten?
Man/frau kann natürlich zunächst versuchen, die rohen Pilzabfälle
zur Pilzmahlzeit (insbesondere Hutteile mit den Basidiosporen)
auf einem Komposthaufen oder der Wiese zu verteilen; mit etwas
Glück wachsen dann im folgenden Jahr die geliebten Pilze direkt
vor der Haustür. Das klappt allerdings nicht immer; analog zur
Heimzucht von Champignons usw. werden deshalb von findigen Leuten
auch seit einiger Zeit die Materialien zur Anzucht
psilocybinhaltiger Pilze (in der Regel: Psilocybe cubensis)
angeboten. Vertrieben werden primär die Pilzbasidiosporen
(merkwürdigerweise oft dort, wo es auch Hanfsamen zu kaufen gibt)
nebst Zubehör (Petrischalen mit Agarnährböden zur Anzucht des
primären Pilzmycels) und das notwendige "Know-How"
(Züchterfachliteratur); seit etwa 1-2 Jahren sind darüber hinaus
auch komplette Anzuchtkästen mit bereits durchwachsener Pilzbrut
erhältlich. Die Hauptkultur bei Psilocybe cubensis erfolgt auf
hitzesterilisiertem Roggen oder anderen Materialien, zur
Fruchtkörperbildung muß das pilzdurchwachsene Substrat (analog
zur Champignonkultur) jedoch anschließend noch mit Kompost
abgedeckt werden.
Neuere Methoden,
die im Internet verbreitet werden,
kommen auch ohne Deckschicht aus und sind für den Anfänger
sicherer.
Andere Arten (Ps. cyanescens), die als reine Moder- und
Holzzersetzer wachsen, brauchen keine Deckerde, sind aber nur
im Freien erfolgreich zu züchten, da sie einen Kälteschock
benötigen um zu fruktifizieren.
Sporen hiervon sind inzwischen ebenfalls
erhältlich.
Psilocybinhaltige Pilze kaufen?
Ein kontinuierlicher Markt hierfür existiert zumindest in
Deutschland kaum. Auf freier Wiese oder im Wald gesammelte Pilze
gehen in der Regel nicht in den Handel (wenn sich Ausnahmen in
jüngster Zeit auch häufen), und regelrechte gewerbsmäßige
Pilzfarmen sind hierzulande wohl noch eine Ausnahme. Die zuweilen
zum Preis von 10-20 Mark pro Gramm Trockengewicht angebotenen
Pilze stammen zumeist aus Holland oder die vermeintlichen
"Psilos" sind ganz gewöhnliche getrocknete Pilze, denen von
geschäftstüchtigen Panschern etwas billiges LSD (s.u.) zugesetzt
wurde (eine Praxis, die auch in den USA der 70er Jahre bei einem
Mangel an echten "Psilos" gang und gäbe war).
Noch weniger als die Pilze selbst ist reines Psilocybin auf dem
Schwarzmarkt erhältlich. Die Ursachen hierfür sind wohl zum einen
das weniger lukrative Geschäft im Vergleich zur LSD-Herstellung
(1 g LSD liefert 5000 Trips, 1 g Psilocybin reicht aber nur für
ca. 50 Anwendungen). Echte Pilzkenner scheinen zudem das
natürliche Produkt Pilz der alleinigen, synthetischen Droge
Psilocybin vorzuziehen; im Pilz und dessen Konsum wird - wie bei
den Ureinwohnern in Mexiko oder Sibirien - immer auch noch etwas
Mystisches gesehen (s. auch Pilzrituale), was dem Pulver
Psilocybin einfach fehlt.
Fliegen- und Pantherpilze
Die beiden Pilze, welche manche "Insider" ebenfalls verspeisen
(übliche Dosis 2-3 mittelgroße hitzegetrocknete (!)
Fliegenpilze), enthalten ebenfalls Inhaltsstoffe mit
halluzinogener Wirkung; jedoch handelt es sich hierbei nie um
Psilocybin oder seine Derivate, sondern um Ibotensäure, Muscimol
und Muscazon (diese fallen im Unterschied zu Psilocybin übrigens
nicht unter das BtMG). Im Gegensatz zu Psilocybin rufen diese
aber auch Übelkeit, Erbrechen und Herzrasen hervor, wenn auch
Todesfolgen nach Verzehr von Fliegenpilzen (Amanita muscaria)
bislang nicht belegt sind; Ibotensäure erwies sich im Tierversuch
zudem als starkes Nervengift, sie wird beim Lufttrocknen der
Fliegenpilze aber in das weniger giftige Muscimol unter
Decarboxylierung umgesetzt. Ein hohes Risiko stellt die absolute
Unberechenbarkeit der Wirkstoffkonzentration in den Pilzen dar
(Schwankungen bis zum Faktor 100 sind möglich). Die von den
Ureinwohnern Sibiriens konsumierten Fliegenpilze haben im
Vergleich zu den heimischen Fliegenpilzen ein anderes Verhältnis
der drei Wirkstoffe untereinander, wodurch die halluzinogene
Komponente in Relation zur Giftwirkung dort mehr in den
Vordergrund tritt. Im Unterschied zu Psilocybin werden die
Halluzinogene der Fliegenpilze zu über 90% unverändert mit dem
Urin wieder ausgeschieden, der Urin wurde als Rauschgetränk in
Sibirien deshalb oft mehrmals wiederverwendet.
Der Pantherpilz (Amanita pantherina) soll angeblich höhere
Mengen an Wirkstoffen enthalten. Belege dafür lassen sich aber
kaum finden. Muscarin (das eigentlich nach dem Fliegenpilz benannt
wurde) kommt in beiden Arten nur in Spuren vor und trägt
zur Giftwirkung nicht bei.
Die rechtliche Situation
Psilocybinhaltige Pilze fallen als Pflanzen seit dem 1.2.1998
unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sofern die gesammelten
oder auch gekauften Pilze zum Konsum als Droge! bestimmt sind.
Bis zum 1.2.98 war der Besitz frischer, aber auch getrockneter
psilocybinhaltiger Pilze nach einem Rechtsgutachten des
Fankfurter Oberstaatsanwaltes Dr. Körner an den federführenden
Autor dieser Schrift straffrei, obwohl diese den (bereits seit
1971) illegalen Inhaltsstoff Psylocybin aufwiesen. Strafbar sind
demnach seit dem 1.2.1998 der Besitz, der Anbau, die Abgabe, der
Handel sowie Ein- und Ausfuhr dieser Pilze (im frischen oder
getrockneten Zustand). Nach §29 (%) BtMG kann aber das Gericht
von einer Bestrafung oder nach §31a bereits die Staatsanwaltschaft
von einer Strafverfolgung absehen, wenn dem Täter nur der Erwerb
oder Besitz einer geringen Menge auschließlich zum Eigengebrauch
nachgewiesen wird . In der Rechtspraxis sind dies etwa 3
Konsumeinheiten, demnach also ca. 40-60 mg Psilocybin oder 8-12g
getrocknete Pilze mit einem Anteil von 0,5%. Nach dem Kommentar
des hessischen Oberstaatanwaltes Körner läßt der §31a jedoch eine
weitaus großzügigere Auslegung von (z.B. bei Speed) 20-30
Konsumeinheiten zu, dies wären analog bis zu 120g getrocknete
psilocybinhaltige Pilze. Zu beachten ist ferner der erschwerende
Fall "der nicht unerheblichen Menge" (z.B. bei Cannabis mehr als
300 Konsumeinheiten) für Besitz und Handel sowie die Abgabe an
Personen unter 18 Jahren (wenn der Täter über 21 Jahre alt ist),
was mit Freiheitsstrafen von 1-15 Jahren geahndet wird.
Bei aus der freien Natur gesammelten und danach aufbewahrten
Pilzen liegt aber in der Regel dann kein Verstoß gegen das BtMG
vor, wenn der tatverdächtige, eifrige Pilzsammler von der (wenn
auch irrigen) Annahme ausgegangen war, daß es sich bei den
aufgefundenen psilocybinhaltigen Pilzen um gewöhnliche Speise-
oder Würzpilze handeln würde (die Verwechselung mit
"Rausch-"Giftpilzen ist schließlich nicht strafbar.). Ebenso
fallen aufgefundene , psilocybinhaltige getrocknete Pilze auch
nach der neuen Rechtslage dann nicht unter das
Betäubungsmittelgesetz, wenn diese nachweislich nicht dem
Verzehr, sondern nur etwa als Herbar-Anschauungsmaterial (z.B.
bei Pilzberatungsstellen) dienen.
Drogenpolitische Forderungen
Wie repräsentative Umfragen* bei jungen Menschen 1991 ergaben,
gilt zumindest für den Eigenkonsum von Drogen: Gesetzliche
Verbote sind praktisch nicht dafür entscheidend (für lediglich
22,2 % der Befragten war dies von Bedeutung), ob eine Droge
konsumiert wird oder nicht. Untersuchungen zeigten im Gegenteil:
Verbote scheinen gerade auf junge Menschen eine sehr große
Anziehungskraft auszuüben. Strafandrohungen für den Besitz
illegaler Drogen zum Eigenkonsum verfehlen darum ihre Wirkung
völlig. Auch ein Unrechtsbewußtsein stellt sich bei den
Konsument(inn)en nicht ein, weil dieses Verbot (ebenso nach
Meinung z.B. des Lübecker Landgerichtes) eine eindeutige
Einschränkung des Grundrechtes auf die freie Entfaltung der
Persönlichkeit darstellt. Die breite Nichtakzeptanz dieser
Verbote galt schon immer für die Droge Cannabis und gilt seit
einigen Jahren besonders für die Partydrogen (Ecstasy, Speed)
sowie LSD; und diese Nichtakzeptanz wird für die Konsument(inn)en
erst recht gelten für einen geplanten strafbaren Besitz (s.o.)
von frischen oder konservierten psilocybinhaltigen Pilzen:
schließlich kann man/frau diese zu keinen ernsthaften
Gesundheitsschäden führenden Pilze überall in freier Natur
sammeln um sie Stunden, Tage oder Wochen später zu verzehren.
Angesichts der Wirkungslosigkeit und der verfassungsmäßigen
Bedenklichkeit dieser Strafrechtsbestimmung ist es deshalb nur
folgerichtig, die Strafbarkeit bei Erwerb und Besitz von Drogen
zum Eigenkonsum zu streichen; verbunden aber mit der Forderung
nach einer umfassenden sachlichen Aufklärung der Bevölkerung über
Wirkung, Nebenwirkungen, riskante Konsumpraktiken und ein
mögliches Abhängigkeitspotential aller Drogen (so wie es die
Grünen auch fordern). Soll der Erwerb (Ankauf) von Drogen zum
Eigenkonsum straffrei ermöglicht werden, so muß dies dann
logischerweise ebenso für die Drogen-Abgabe an die Endverbraucher
gelten. Andernfalls manifestiert sich eine paradoxe Situation,
wie wir sie heute bei Cannabisprodukte vorfinden: Der Besitz und
Erwerb zum Eigenkonsum ist teilweise straffrei, die zum Erwerb
erforderliche Abgabe der Droge wird aber nach wie vor
unnachsichtig verfolgt. Eine straffreie Abgabe von Halluzinogenen
und den klassischen Partydrogen ** wäre zum Beispiel über
lizensierte Stellen, wie Coffeeshop-ähnliche Einrichtungen, freie
Träger oder Apotheken möglich. Diese Abgabeform hat im
Unterschied zum "Straßenhandel" darüber hinaus den Vorteil, daß
auf diese Weise eine kontrollierbare Abgabe (an Personen über 18
Jahren) von kontrollierten Drogen erreicht wird. In Bezug auf
psilocybinhaltige Pilze heißt kontrolliert konkret: Die Pilzart
ist exakt bestimmt und auch der Psilocybingehalt ist durch
Chargenuntersuchungen genau bekannt, das Risiko einer
unerwünschten Falsch- bzw.Überdosierung entfällt also.
Selbstverständlich bedeutet kontrolliert auch, daß die Pilze
tatsächlich nur authentisches Psilocybin etc., nicht aber
hineingepanschtes LSD oder sonstwas enthalten. Coffeeshops hätten
bei Konsument(inn)en von halluzinogenen Pilzen wohl die größte
Akzeptanz, da diese neben einer qualifizierten Beratung auch die
Umgebung für ein gutes Setting nach dem Verzehr der erworbenen
Pilze bieten. Eventuell verirren sich dann auch einige jener
Politiker, welche von der zwanghaften Vorstellung "Keine Macht
den Drogen - alle Macht dem Alkohol" geleitet sind, nach
ausgiebigem Alkohlgenuß in eine solche "Gaststätte", um sich ein
Pilzgericht zu bestellen. Die Folge einer neuen Mehrheit in den
Parlamenten für eine Reform des BtMG ließe sich vielleicht
absehen, hat doch Psilocybin gerade bei der Therapie von
zwanghaften Vorstellungen (bzw. Zwangsneurosen) (s.v.) nicht zu
unterschätzende Erfolge gezeigt...
* Umfrage von Müller Abbet; publiziert 1993 in "Zahlen und Fakten
zu Alkohol und anderen Drogen" der schweizerischen Fachstelle für
Alkohol und andere Drogenprobleme.
** Für Cannabis bzw. THC fordern Bündnis 90/Die Grünen den noch
weitergehenden Schritt der vollständigen Legalisierung, was einem
freien Handel und Verkauf (ähnlich wie für Tabak und Alkohol)
gleichkommt. Für Heroin ist, sofern eine Substitution nicht
möglich ist, die Abgabe über Ärzte vorgesehen, was durch eine
Übernahme des Heroins von Liste I nach III des BtMG einfach zu
regeln wäre.
Safer Use Regeln
Ein risikofreier Gebrauch von halluzinogenen Pilzen ist niemals
möglich. Wer auf den Konsum dieser Pilze nicht verzichten möchte,
sollte aber zumindest folgende Minimalregeln unbedingt beachten:
- Nehme niemals "Psilos", wenn Du schlecht drauf bist oder in
einer für Dich unangenehmen Atmosphäre (ungünstiges Setting) bzw.
wenn Du Angst (ungünstiges Set) vor diesen Pilzen hast. Parties
sind für unerfahrene User nicht das optimale Setting: eine nicht
zu verkraftende Reizüberflutung kann hier leicht zu Panikanfällen
führen.
- Achte darauf, daß Du während des Pilztrips einen
halluzinogen-erfahrenen, Dir vertrauten Ansprechpartner hast,
der, wenn Du schlecht drauf kommen solltest, beruhigend auf Dich
einwirken kann. Es reicht hierzu in der Regel aus, den
Betroffenen in eine ruhige Umgebung (Frischluft) zu bringen,
Körperkontakt zu halten und durch Zureden zu beruhigen. Sollte
auch dies nichts nützen, scheue Dich nicht, einen Arzt zu rufen
und kläre ihn vollständig auf: Ärzte sind an ihre Schweigepflicht
gebunden.
- Wenn sich nach 30-60 Minuten nach dem Pilzverzehr noch keine
Wirkung einstellt, nicht gleich weitere Pilze "nachwerfen"; bei
vollem Magen etc. kann sich das Einsetzen der Wirkung nämlich bis
zu eineinhalb Stunden verzögern.
- Kannst Du den Wirkstoffgehalt der Pilze nicht abschätzen, so
nehme zunächst nicht mehr als 1 g getrocknete oder 5-10 g frische
Pilze (das sind maximal 20 mg Psilocybin, wenn es sich um eine
"hochprozentige Pilzart", wie z.B. Psilocybe cyanescens oder P.
azurescens handelt.)
- Psychedelische Bewußtseinszustände stellen eine
Ausnahmesituation dar. Bewußtseinsverändernde Pilze sollten
deshalb in möglichst großen Abständen (nicht mehr als einmal
monatlich) und auch nicht von Menschen genommen werden, die noch
voll in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stecken.
- Nehme diese Pilze nicht in Verbindung mit anderen Drogen:
Mischkonsum stellt ein unkalkulierbares Risiko dar. (Eine
Ausnahme hiervon bildet allenfalls Cannabis, wo unangenehme
Wechselwirkungen nach Auskunft der User kaum zu befürchten
sind.)
- Bewahre sicherheitshalber ein Exemplar der verspeisten Pilze
auf. Sofern eine Verwechslung mit einer giftigen Pilzart
stattfand, dient dieses zur Artbestimmung, so daß im Krankenhaus
gezielt gegen das entsprechende Pilzgift (s.v.) vorgegangen
werden kann.
Hinweis: Der Abdruck dieser "Sicherheitsregeln" sollte nicht als
Aufforderung mißverstanden werden, halluzinogene Pilze zu
konsumieren.
Weiterführende Literatur
Zauberpilze R. Rippchen, Verlag der grüne Zweig, Bd. 155,1993
Pilze der Götter C. Rätsch und R. Liggenstorfer (Hrsg.), AT-Verlag, 1998
Psilocybin Mushrooms of the World P. Stamets, 10 Speed Press, 1996
Narrenschwämme J. Gartz, AT-Verlag, 1999
Adressen
Landesarbeitsgemeinschaft
DROGEN Berlin
c/o Geschäftsstelle Bündnis 90/Die Grünen
Oranienstr. 25
10999 Berlin
Fax: 030/615005-99
http://www.echorausch.org/LAG-Drogen/index.html
Dort liegt auch das Original dieses Textes.
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