Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms (3. Auflage) |
Paul Stamets Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms. Dritte, verbesserte Auflage 574 Seiten, Illustriert mit etwa 500 schwarzweiß - und 80 Farbphotos. Ten Speed Press, Berkeley, Kalifornien, USA. ISBN: 1580081754 $ 39.95 | |
Die Handbücher von Stamets für die Pilzzucht sind heutzutage sowohl den Fachleuten
als auch den Amateuren recht geläufig. Nicht wenige versichern nur allzugerne, dass
sie dem amerikanischen Experten viel verdanken. Wie ein Pilzzüchter aus der schweizerischen
Stadt Payerne es vor kurzem sagte: "Das Buch von Stamets? Das ist ja unsere Bibel!"
Außerdem haben viele renommierte Mykologen wie S.T. Chang, Scott Redhead, A. Besette,
S.C. Jong, D. Largent und Roy Watling das Buch als einen wichtigen Beitrag zur Mykologie
und Pilzzucht begrüßt. Nun ist die dritte Auflage, bereichert mit detaillierten
Hinweisen für die Zucht von 6 neuen essbaren Pilzen, sowie von Heilpilzen, erschienen.
Das Buch ist weniger voluminös als die zweite Auflage, aber es hat ebenso viele Seiten,
die einfach auf dünnerem Papier gedruckt worden sind. Außerdem erlaubt die Verbesserung
von Layout und Typographie die Aufnahme von mehr Text pro Seite.
In den ersten 20 Kapiteln haben wir wenig Änderungen und Erweiterungen gefunden.
Bloß auf den Seiten 14 und 15, wo der Abbau von giftigen Abfällen mit Hilfe von Pilzmyzel behandelt wird,
ist die Rede von einem neuen revolutionären Patent zur Beseitigung der als Kampfstoffe
eingesetzten Nervengase Sarin und VX.
Außerdem hat sich der gemeine Austernseitling (Pleurotus ostreatus)
zur Beseitigung von Erdölabfällen fähig gezeigt. Das Myzel dieses Pilzes baut nicht nur das
Öl selbst ab, sondern auch die krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe. Im umfangreichen Kapitel 21, worin die Bedingungen für die Zucht vieler verschiedener Pilze aufgeführt sind, machen wir Bekanntschaft mit einigen Arten, die in der vorhergehenden Auflage noch fehlten. Der wichtigste ist wohl Agaricus blazei, ein bemerkenswerter Pilz, der dem Publikum in Europa und in den Vereinigten Staaten noch nicht bekannt war. Jedoch gibt es schon seit langem Züchtungsanlagen in Brasilien und China. Da es sich um eine wärmeliebende Art handelt, ist die Zucht dieses Pilzes in Ländern mit einem gemäßigten Klima, wie z.B. in den südlichen Staaten der USA, sehr wohl im Freien möglich. Der wichtigste Markt ist zur Zeit zweifellos Japan, wo man den importierten, getrockneten Himematsutake, wie der Pilz dort genannt wird, zu teuren Medikamenten verarbeitet. A. blazei enthält ja bis zu 14 % beta-Glucan, ein Polysaccharid, dass nicht nur das Immunsystem anregen, sondern auch wirksam gegen bösartige Tumore sein soll. Infolgedessen findet man auf dem Internet viele Unternehmen, die Heilmittel auf Basis dieses Pilzes verkaufen, aber die Übertreibung der Wirkung gegen Krebs ist nicht gerade sehr glaubwürdig. A. blazei hat zweifellos eine Zukunft, denn außer seinen heilenden Eigenschaften, ist er gastronomisch ein Edelpilz mit einem ausgesprochenen Mandelgeruch und -geschmack und einer angenehmen Konsistenz. Die kommerzielle Zucht hat gerade die USA und einige Länder Europas erreicht, wo man erwartet, daß die großen Champignonzüchter diesen Pilz bald in ihr Repertoire aufnehmen werden. Übrigens gibt es auch weniger optimistische Berichte über diesen Pilz. In Brasilien soll die Zucht jetzt unter einer gewissen Stagnation leiden. Ungeachtet der preiswerten Einführungskurse in die Zucht dieses Pilzes, und der versprochenen Abnahme der Ernte, gelingt es den Anfängern unter den Züchtern kaum ihre Ware zu verkaufen. Außerdem gibt es ernstliche Bedenken - die man weder in der medizinischen Literatur, noch in den Handelsbroschüren findet - gegen den regelmäßigen Verzehr von A. blazei. Der Pilz gehört ja zu den gilbenden Egerlingen der Untergattung Arvenses, die für ihre Fähigkeit bekannt sind Schwermetalle, wie z.B. das hochtoxische Cadmium, in ihrem Gewebe zu speichern. Die Vertreter dieser Untergattung enthalten auch Agaritin, eine Methylphenylhydrazinverbindung, die von vielen Toxikologen als potentieller Krebserreger eingestuft wird. Untersuchungen im Laboratorium des Rezensenten haben bestätigt, daß käufliche A. blazei oft beachtliche Konzentrationen an Agaritin, Cadmium, Quecksilber und sogar Blei enthalten. Dagegen waren in Japan gekaufte medizinische Präparate, die nur die angereicherte beta-Glucanfraktion enthielten, frei von diesen Schadstoffen. Ein anderer Neuling in der neuen Auflage ist der in den USA populäre Portobello mushroom, eine große braune Varietät des gemeinen Zuchtchampignons, Agaricus bisporus. Stamets bedauert, daß dieser Pilz soviel Agaritin enthält, sodaß es unmöglich ist ihn als Heilpilz zu empfehlen. Hierbei sollte aber hervorgehoben werden, daß die krebserregenden Eigenschaften von reinem Agaritin, als auch die des Zuchtchampignons noch immer umstritten sind, denn bei den veröffentlichten Forschungsarbeiten ist es schwierig die Spreu vom Weizen zu sondern. Das Risiko des Agaritins wurde jahrelang geringschätzig behandelt, da der Wirkstoff ja beim Kochen und Braten der Pilze abgebaut wird. Dieses Argument verliert jedoch an Wert, wenn man bedenkt, daß Champignons - sowohl in Europa als auch in den USA - in zunehmendem Maß roh gegessen werden. Da in den USA der Marktanteil von A. bisporus etwa 98 %, bezogen auf die gesamten essbaren Pilze ausmacht, sollte man wirklich versuchen die potentielle Gefahr zu beseitigen. Nach Stamets steht und fällt die Zukunft der Champignonindustrie mit der Auswahl und Züchtung agaritinfreier Rassen. Eine andere von Stamets neu vorgestellte Art ist Pleurotus tuberregium, ein tropischer Austernseitling, der früher in der Gattung Lentinus untergebracht wurde. Dieser wildwachsende Pilz, der in Nigeria eine lange Tradition als Heilmittel hat, bildet ein großes knolliges Sklerotium, woraus anschließend die großen Fruchtkörper wachsen. P. tuberregium kann sowohl auf pasteurisiertem Stroh als auch auf sterilisiertem Sägemehl gezüchtet werden. Erstaunlicherweise bildet er dabei Sklerotien, sogar im vollen Licht! Gleich wie beim gemeinen Austernseitling, hat das Myzel seines tropischen Verwandten die Fähigkeit Nematoden einzufangen. Der bekannte, leicht zu züchtende Schmetterlingsporling (Trametes versicolor), wurde ebenfalls in die neue Auflage aufgenommen. Dieser Kosmopolit unter den Porlingen soll überall in den USA vorkommen, ausgenommen in Nevada, was allerdings schwer zu glauben ist! Der Schmetterlingsporling ist eine Quelle des Krestins, Handelsname eines eiweissgebundenen Polysaccharids, das jährlich Hunderte Millionen Dollar als Medikament gegen Krebs einbringt. Im Gegensatz zu den oft mirakulösen Geschichten über andere Heilpilze, sind die Studien über die Heilwirkung des Schmetterlingsporlings ziemlich zuverlässig. Auf den Seiten 402 - 407 finden wir eine ausführliche Zuchtanleitung für Tremella fuciformis Berk., einen weißen Zitterling, dessen Lebenszyklus noch nicht ganz aufgeklärt ist. Der Organismus fängt sein Dasein als Hefe an, die auf einem Schlauchpilz wie Hypoxylon archeri parasitieren sollte, damit ein Myzel gebildet werden kann. Danach wird während 4 bis 5 Tagen auf sterilisiertem Getreide die Brut hergestellt und anschließend werden die Pilze auf einem Sägemehlsubstrat, angereichert mit 20 % Reis oder Hafer, 1 % Gips und 1 % Zucker, gezüchtet. Die medizinalen Eigenschaften des T. fuciformis, der sowohl getrocknet als auch kandiert verkauft wird, sind hauptsächlich in der chinesischen Literatur beschrieben worden. Er sollte (schon wieder) gegen Krebs und Leberkrankheiten wirksam sein. Schließlich ist es dem Autor gelungen die Zucht der Krausen Glucke (Sparassis crispa) zu bewältigen. Die Ausbeute beträgt sogar 1 Pfund Pilz für einen 4 Pfund schweren Block Sägemehl! Diesem Pilz wurden bisher keine Heilkräfte zugeschrieben, aber es ist ein guter Speisepilz, der fast das ganze Jahr auf den schweizerischen Märkten angeboten wird. Selbstverständlich verschafft Stamets auch neue Informationen über schon bekannte Zuchtpilze, wie Shiitake (Lentinula edodes), der als gesundheitsfördernder Pilz - cholesterinsenkend, frei von Agaritin und Schwermetallen - noch immer an der Spitze steht. Stamets zitiert sogar ausführlich die Ergebnisse des Forschers Ghoneum, der kürzlich fand, daß eine Arabinoxylanverbindung in fermentiertem Shiitake eine hemmende Wirkung auf den HIV Virus ausübt. Die (vornehmlich) japanische Literatur über antivirale und das Immunsystem stimulierenden Eigenschaften ist bis 1999 ergänzt worden. Die Illustrationen, vor allem die Farbphotographien, sind wiederum hervorragend. So gibt es wunderschöne Bilder von Agaricus blazei und Pleurotus citrinopileatus in den verschiedenen Entwicklungsstadien. Wie in der letzten Ausgabe, wurde die ganze Familie Stamets mobilisiert um die spektakulärsten Resultate der Pilzzüchtung zu präsentieren. So findet man die Tochter LaDena in verschiedenen Altersstufen mit jedesmal anderen Pilzen. Ein eindrucksvolles Bild zeigt das Kleinkind Ebikare Isikhuemhen - den Sohn eines nigerianischen Mykologen - das einen Sägemehlblock mit drei großen Exemplaren von Pleurotus tuberregium herumträgt. Der aufmerksame Leser findet hier manchen Pilz, wovon im Text nicht oder kaum der Rede war, wie z.B. Lentinus squarrulosus, ein sehr schnell wachsender Neffe des Shiitake, der schon 14 Tage nach der Impfung Fruchtkörper bilden soll! Es ist zu erwarten, daß dieser Pilz, wie auch Polyporus tuberaster, Flammulina populicola, Macrocybe crassa und vielleicht sogar Termitomyces robustus in einer folgenden Ausgabe an die Reihe kommen werden. Das Buch kann wiederum jedem Pilzliebhaber wärmstens empfohlen werden. Es ist außerdem, wenn man die Qualität und Quantität der gebotenen Informationen in Betracht zieht, extrem preiswert. |