Einleitung
Von der Vielzahl der europäischen Großpilze ist erst ein
Bruchteil auf seine Giftigkeit hin untersucht worden. Durch unfreiwillige
Vergiftungen unvorsichtiger Sammler treten aber nach und nach immer neue
Giftpilze aus ihrem Versteck. In den letzten Jahren war dies in Europa vor
allem Amanita proxima. In Japan sorgte Clitocybe acromelalga für
Aufsehen, während in den USA Vergiftungen durch Amanita smithiana
bekannt wurden. Brasilianische Rinder starben nach Vertilgung einer
Ramaria-Art.
Vor kurzem (September 2001) kam auch der bisher als guter
Speisepilz bekannte Grünling (Tricholoma equestre) in Verdacht.
Pilze
Amanita proxima
Amanita smithiana
Clitocybe acromelalga
Clitocybe amoenolens
Ramaria flavo-brunnescens
Grünling (Tricholoma equestre)
Symptome
Ab 1992 traten in Südfrankreich merkwürdige Vergiftungsfälle
auf, die sich in Form einer Niereninsuffizienz äusserten: Nach Genuss
von vermeintlichen Eierwulstlingen (Amanita ovoidea) traten nach einer
langen Latenz von im Mittel 13 Stunden zuerst Magen-Darm-Störungen auf, danach
zeigten sich auch Anzeichen einer Nierenschädigung. Todesfälle sind bisher
keine bekannt. Als verantwortlicher Pilz wurde Amanita proxima ermittelt,
der dem Eierwulstling sehr ähnlich aber wesentlich seltener ist. Gleichartige Symptome erzeugt die
nordamerikanische Art Amanita smithiana.
Nach Verzehr des japanischen Trichterlings Clitocybe acromelalga treten nach
einer extrem langen Latenz von bis zu einer Woche schwere neurologische Schäden auf:
Krämpfe, Schwellungen und Lähmungen der Gliedmassen einhergehend mit einer
Schädigung des Rückenmarks.Mittlerweile wurde eine ähnliche Vergiftungssymptomatik
auch nach Verzehr des in Südeuropa vorkommenden Trichterlings Clitocybe amoenolens
beobachtet: Scan eines diesbeszüglichen frz. Artikels.
Im September 2001 erschien im New England Journal of Medicine ein Artikel, in dem
über 12 Vergiftungsfälle mit dem Grünling (Tricholoma equestre) in Frankreich berichtet wird.
3 davon verliefen tödlich. Der bis dahin als sehr guter Speisepilz bekannte
Pilz hatte in diesen Fällen zu einer Art Muskelschwund (Rhabdomyolysis) geführt.
Tierversuche ergaben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Verzehr der
Pilze und den Symptomen der Rhabdomyolysis.
Hier ein Link zum
englischen Originalartikel.
Gifte
Die Gifte der beiden erwähnten Amanita-Arten sind noch unbekannt. Orellanin, das ja
bei den giftigen Schleierlingen für die Nierenschäden sorgt, ist wohl nicht
beteiligt. Aus C. acromelalga wurde eine Aminosäure namens Acromelsäure
isoliert, die in die Chemie des Zentralnervensystems eingreift und damit die beobachteten
Symptome verursacht. Sie könnte in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Erforschung
des neuronalen Stoffwechsels spielen.
Der Giftstoff im Grünling ist noch unbekannt.
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