2000 Pilze einfach bestimmen |
Rudolf Winkler 2000 Pilze einfach bestimmen AT Verlag Aarau/Schweiz, 1996 ISBN: 3-85502-531-2 DM 148 | |
Seit Mosers 'Die Röhrlinge und Blätterpilze' aus dem
Jahre 1983 ist kein umfassender Bestimmungschlüssel der klassischen
Hutpilze erschienen, der der gewachsenen Artenkenntnis und den neuesten
nomenklatorischen Änderungen Rechnung tragen würde. Der
ambitionierte Pilzfreak war also entweder auf schwer zugängliche
Gattungsmonografien angewiesen oder musste sich mit Mosers mehr auf
mikroskopische Merkmale abgestimmten Schlüssel abfinden. Diese
bestehende Lücke will nun das Werk von R. Winkler schliessen, indem es
einen im wesentlichen auf Makromerkmalen basierenden umfassenden
Gattungs- und Artenschlüssel anbietet. Es kommt im imposanten Schuber daher und besteht aus drei Teilen: Einem Satz Lochkarten mit Anleitung zur Gattungsbestimmung, einem Buch mit dem Artenschlüssel, sowie einer Diskette mit einem Programm zur Gattungsbestimmung. (für PC mit Windows). Das Lochkartensystem ist vor allem für den Anfänger sehr hilfreich. Auf eine Grundkarte mit aufgedruckten Feldern mit den Gattungsnamen werden nach und nach Lochkarten mit den zutreffenden Merkmalen des zu bestimmenden Pilzes in beliebiger Reihenfolge gelegt. Bei der Auswahl der richtigen Merkmale (z.B. Hut gebuckelt, Lamellen wachsartig, Stiel faserig usw usw) hilft einem ein Leitfaden, der die einzelnen Merkmale auf den Karten erklärt. Dadurch werden immer mehr Möglichkeiten ausgeblendet, bis zum Schluss im Idealfall nur noch ein Name übrigbleibt. Das funktioniert bei den 'klaren' Gattungen ganz gut, bei den vielen 'Kleingattungen' fällt die Entscheidung manchmal schwer. Mein Versuch, den Rauhfußweichritterling (Melanoleuca verrucipes) einzuordnen endete nach 17 Karten bei der Wahl zwischen Leucopaxillus und Melanoleuca. Für den etwas Fortgeschrittenen kein Problem, für den Anfänger vielleicht schon. Das Windowsprogramm lässt sich problemlos installieren und stellt im Prinzip eine Computerversion des Lochkartensystems dar, ist also wesentlich schneller zu bedienen. Zudem kann hier auch noch nach einigen Mikromerkmalen differenziert werden, was die Zahl der unterscheidbaren Gattungen erhöht. Hat man sich für eine Gattung entschieden, kommt der eigentliche Bestimmungsschlüssel zum Einsatz, der den Haupteil des Werkes ausmacht. Hier sind die einzelnen Gattungen nach einem klassischen dichotomen Verfahren nach makroskopischen Merkmalen aufgeschlüsselt, wobei der gesamte Fragenkatalog zu jeder Gattung meist auf einer Doppelseite Platz findet. Dies fördert die Übersichtlichkeit sehr. Eine sehr gelungene Idee ist die Einteilung der Arten nach Häufigkeit ihres Auftretens durch unterschiedlichen Schriftsatz. Die häufigen oder 'Leitarten' sind fettgedruckt und grau unterlegt, die weniger häufigen in normaler Schrift und die seltenen bis sehr seltenen im Kleindruck. Bei 'kritischen' Arten wird auf bestehende Widersprüche und unterschiedliche Artauffassungen in der Literatur hingewiesen und damit die Schwierigkeit einer genauen Artabgrenzung in vielen Fällen deutlichgemacht. Durch die Beschränkung auf makroskopische Merkmale ist es vielfach nicht möglich, alle Arten aufzuschlüsseln, da viele Gattungen nach Mikromerkmalen aufgeteilt sind. In diesen Fällen werden nur die wichtigsten Arten vorgestellt und somit die Grenzen der rein makroskopischen Betrachtungsweise aufgezeigt. Zu jeder Art gibt es eine Beschreibung der wichtigen Merkmale, den nach den aktuellsten Nomenklaturregeln gültigen Namen, evtl. vorhandene Synonyme, den Speisewert sowie falls vorhanden der Verweis auf eine Abbildung, die sich entweder im hinteren Teil des Buches befindet, oder aber in R.M. Dähnckes im selben Verlag erschienenen Abbildungswerk '1200 Pilze' zu finden ist. Die ca. 500 Farbfotos im Anhang sind von recht ordentlicher Qualität, teilweise aber etwas klein oder unscharf (z.B. beim Hallimasch oder Nebelgrauen Trichterling). Es werden aber auch seltenere Arten in guten Bildern gezeigt (z.B. Lyophyllum favrei, Baeospora myriadophylla). Verweise auf gute Abbildungen in Büchern anderer Verlage hätten aber nicht geschadet. Einige Druck- und Flüchtigkeitsfehler im Text (z.B. 'Astropaxillus' für den Riesenkrempentrichterling; teilweise steht bei den Verweisen auf andere Arten die falsche Zahl) schmälern den sehr guten Gesamteindruck des Buches nicht. Der Versuch, eine möglichst komplette Übersicht der Röhrlinge und Blätterpilze Mitteleuropas, basierend auf einem makroskopischen Schlüsselsysten, vorzulegen, kann als gelungen betrachtet werden. Hier findet sowohl der schon etwas erfahrene Anfänger, als auch der Fortgeschrittene eine wirkliche Hilfe durch den Artendschungel (Der absolute Neuling wird vielleicht von der gewaltigen Artenfülle überwältigt sein und eher auf klassische 'Bilderbücher' mit wenigen wichtigen Arten zurückgreifen). Einzig der gesalzene Preis schreckt doch etwas ab, ist aber angesichts der hochwertigen Verarbeitung durchaus gerechtfertigt. Wertung: 85 % Eignung: Anfänger bis Fortgeschrittene |